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© Horst Hübel Würzburg 2005 - 2014

Stichwort

Drude-Modell der Leitfähigkeit oder auch nicht

Vgl. z.B. Gerthsen/Vogel: Physik

(Vgl. auch: Einige "einfache" Aufgaben zur Induktion. Dort geht es um widerstandslose Leiter. Im Unterschied zur nachfolgenden Argumentation ist dort die Elektronengeschwindigkeit nur durch eine Integration von a prop. E zu erhalten. Diese Integration führt bei der Induktion zu j prop. Φ, wobei Φ der momentane magnetische Fluss ist.

Dagegen gilt im Leiter mit Widerstand bei der Induktion: j prop. Φ· : die Stromdichte ist proportional zur Zeit-Ableitung des magnetischen Flusses.)

1. Nach dem Drude-Modell der Leitfähigkeit bewegen sich die Leitungselektronen mit einer mittleren thermischen Geschwindigkeit vT. Im Mittel erfährt ein Elektron nach der Stoßzeit τ bzw. der mittleren freien Weglänge  λ einen Stoß mit anderen Elektronen oder Atomrümpfen. Im elektrischen Feld erfährt das Elektron eine Beschleunigung a = eE/m. Diese führt innerhalb der Stoßzeit τ zu einer Geschwindigkeitsänderung  Δv = a τ . Nach dem Modell verliert das Leitungselektron diese Zusatzgeschwindigkeit beim Stoß ganz und wird erneut vom elektrischen Feld beschleunigt. Zusätzlich zur thermischen Geschwindigkeit erhalten die Elektronen im Mittel also eine weitere Geschwindigkeit, die Driftgeschwindigkeit vD = ½ a τ  = ½ eE/m τ . Pro Stoß wird dann die Stromwärme ½ m v2 = ½ m e2 E2/m2 τ2 = ½ e2E2/m τ2 erzeugt.

Wenn der Leiterquerschnitt A ist, laufen in einer Zeit Δt bei Stromfluss alle Leitungselektronen in einem Zylinder vom Volumen V = A·vD· Δt  an einer Messstelle vorbei und transportieren dabei die Ladung e·n·A·vD  Δt , wobei n die (Leitungs-)Elektronendichte ist. Daraus ergibt sich die Stromstärke I = Q/Δt = e·n·A·vD =  e·n·A·½·eE/m τ = ½ e2 n/m A·τ·E. Aus der Stromdichte j = I/A ergibt sich das Ohmsche Gesetz j = σ · E bzw. die Leitfähigkeit σ = ½ e2 n/m τ . Unter Berücksichtigung der Richtungen gilt dann auch j = σ · E : Stromdichtevektor j und elektrische Feldstärke E sind gleichgerichtet parallel.

Bemerkenswert ist eine alternative Argumentation:

Die elektrische Feldstärke E führt in einer Stoßzeit τ  zu einer Impulsänderung n·A·l·e·E·τ , die realisiert wird durch die Beschleunigung aller n·A·l   Leitungselektronen im Leiter der Länge l bei einer Impulsänderung   n·A·l·m  Δv . Es ergibt sich  Δv = eE/m τ und damit im Mittel wieder die Driftgeschwindigkeit vD = ½ eE/m τ .

In Situationen, wo die elektrische Kraft nur auf einen Teil der beschleunigten Elektronen wirkt, ist das in den beiden Ausdrücken für die Impulsänderung zu berücksichtigen.

Die Überlegungen bleiben im wesentlichen richtig, auch wenn berücksichtigt wird, dass wegen des Pauli-Prinzips vor allem Elektronen in einem Bereich der Breite kB·T um die Fermikante am Stromtransport beteiligt sind. Gitterperiodizität ist Ursache dafür, dass die Stoßzeit τ größer ist als klassisch erwartet. Bei tiefen Temperaturen werden so mittlere freie Weglängen bis in den Bereich von cm hinein ermöglicht.

2. Es gibt bemerkenswerte andere Fälle in der Schulphysik, wo nicht von einem Anwachsen der Stromstärke mit zunehmender Geschwindigkeit der Ladungsträger gesprochen werden kann.

Solche Fälle liegen etwa beim Photoeffekt vor, oder beim Stromstoß, der in einem Zählrohr ausgelöst wird, oder beim Ionisationskammerstrom, oder auch bei der Stromstärke in einer Hochvakuumdiode.  In diesen Fällen hat eine Ladungsträgergeschwindigkeit überhaupt keinen Einfluss auf die Stromstärke. Diese ist  bestimmt durch die Zahl der Ladungsträger, die pro Sekunde zum Transport des Stromes erzeugt werden. ( I = dQ/dt). So hängt die Stromstärke bei der Photozelle allein von der Intensität des Lichts ab, beim Zählrohr und bei der Ionisationskammer von der Zahl der bei der Auslösung entstehenden Ionenpaare bzw. von der Anzahl der primär erzeugten Ionenpaare. Auch das Anwachsen des Stromes mit zunehmender Beschleunigungsspannung bei der Hochvakuumdiode hat nichts mit der Transportgeschwindigkeit der Ladungsträger zu tun, sondern mit der Fähigkeit der Spannung, Ladungen aus der Raumladungswolke vor der Kathode herauszusaugen. Wie man an der Sättigungsstromstärke sieht, ist die Stromstärke primär durch die Zahl der pro Sekunde bei der Glühemission freigesetzten Elektronen bestimmt.

Ähnlich ist die "Stromstärke" von Skifahrern an einem Hang mit Lift nicht direkt mit der Abfahrtsgeschwindigkeit der Skifahrer gekoppelt. Sie könnte als Anzahl der Skifahrer pro Stunde definiert werden und hängt vor allem mit der Förderleistung des Lifts zusammen. Schnellere Abfahrt bedeutet (in der Regel) nur längeres Warten in der Warteschlange an der Talstation.

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( 2007 )