Würzburger Quantenphysik- Konzept

G80 Laserkühlung

Anregung von Atomen   Fallen

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(1) Strahlt man einen Laserstrahl auf ein Metallplättchen, so wird auf das Plättchen ein Strahlungsdruck ausgeübt, der als Folge des Impulses der Strahlung oder der Photonen, aber auch als Folge der Lorentzkraft auf bewegte Ladungen (Leitungselektronen) gedeutet werden kann.

(2) Bei Bestrahlung eines (neutralen) Atoms durchstrahlen die Photonen überwiegend das Atom, wenn es nicht angeregt werden kann. Stimmt aber die Laserfrequenz mit einer Übergangsfrequenz des Atoms überein, findet in einem inelastischen Prozess Energie- wie Impulsaufnahme statt: Das Atom wird in Richtung des Strahlungsdrucks bzw. in Ausbreitungsrichtung des Laserstrahls beschleunigt. Kurz darauf gibt das Atom wieder Energie und Impuls ab, wenn auch in beliebige Richtungen. Bei vielen solchen Absorptions- und Emissionsprozessen heben sich die meisten Impulse gegenseitig weg, es verbleibt eine Netto-Impulsübertragung an das Atom in Ausbreitungsrichtung des Laserstrahls. Bewegen sich die Atome dem Laserstrahl entgegen, so werden sie gebremst. Anschließend könnten sie in Laserrichtung wieder beschleunigt werden.

Das Abbremsen durch entgegenkommendes Licht kann auch noch anders erklärt werden: Eine Anregung ist nur möglich, wenn die Lichtfrequenz mit einer Übergangsfrequenz des Atoms übereinstimmt. Die Laserfrequenz wird so abgestimmt, dass sie etwas unter der Übergangsfrequenz des Atoms liegt ("rotverschoben"). Absorption ist dennoch möglich, weil das dem Licht entgegenlaufende Atom nach dem Doppler-Effekt eine Blauverschiebung des Lichts bemerkt. Bei geeigneter Geschwindigkeit bzw. Frequenzverstimmung passt das blauverschobene Licht zur Übergangsfrequenz und wird absorbiert. Wenn das Atom jetzt wieder Photonen ausstrahlt, haben diese eine Energie, die dem Übergang entspricht. Die fehlende Energie entnehmen sie der kinetischen Energie des Atoms. Dieser Vorgang heißt Doppler-Kühlung. Man kann ausrechnen, dass die resultierende Bremskraft für kleine Geschwindigkeiten proportional zur Geschwindigkeit ist.

Atome, die in Richtung des Laserstrahls laufen, erfahren nur eine geringe Kraft, weil für sie das Licht noch stärker rotverschoben ist, weil also Absorption kaum stattfindet. Um für jede beliebige Bewegungsrichtung die Bremswirkung auszuüben verwendet man 6 gleichfrequente Laser, die paarweise einander entgegengesetzt in den 3 Koordinatenrichtungen orientiert sind.

Der Vorschlag zur Doppler-Kühlung stammt von Hänsch und Schawlow (1975), konnte aber erst viel später von Chu, Cohen-Tannoudji und Phillips (Nobelpreis 1997) realisiert werden, weil schwierige Probleme noch offen geblieben waren. So müsste man entweder die Übergangsfrequenz oder die Laserfrequenz den jeweiligen Geschwindigkeiten anpassen.

Mit Doppler-Kühlung kann man Temperaturen bis herunter zu 50 µK erreichen. Nach den bisherigen Überlegungen werden Atome also abgebremst, aber nicht festgehalten.

(3) Eine Kühlmethode, mit der man zu noch tieferen Temperaturen kommt, ist die Verdampfungskühlung. Bei ihr werden vorgekühlte Atome (ca. 10-5 K) in einer Magnet-Falle mit einem starken inhomogenen Magnetfeld festgehalten. Erniedrigt man nun die "Ränder" der Falle (energetisch gesehen), dann können die schnellsten Atome entweichen. Der kühlere Rest bleibt in der Falle zurück, wenn man geschickt vorgeht. Auf diese Weise kann man bis auf typisch 10-9 K abkühlen. Elastische Stöße zwischen den verbleibenden Atome sorgen dafür, dass es bald wieder schnellere Atome gibt (bei einer reduzierten mittleren kinetischen Energie), die erneut abgedampft werden können.

Da nur die Atome in der Falle festgehalten werden, deren magnetisches Moment antiparallel zum Magnetfeld ausgerichtet ist, kann man auch Hochfrequenz-Verdampfung zum Kühlen einsetzen: Die schnelleren Atome halten sich vor allem am Rand der Falle auf. Strahlt man dort  HF-Strahlung mit einer geeigneten Frequenz ein, sorgt diese für ein Umklappen der magnetischen Momente, und solche schnelleren Atome können entweichen.


(4) Die Doppler-Kühlung wird mit einer Maßnahme verbunden, die Atome auch festzuhalten. Dazu erweitert man die Anordnung zur Doppler-Kühlung durch geeignet angeordnete (schwache) Magnetfelder zu einer Magneto-optischen Falle  (MOT, T für das engl. trap = Falle). Im Magnetfeld werden bestimmte Energiestufen je nach der Größe des Magnetfelds aufgespalten (Zeeman-Aufspaltung). Durch die örtlich veränderliche Größe des Magnetfelds (in Ausbreitungsrichtung des Laserlichts) verändert man damit bestimmte Übergangsfrequenzen der Atome in Abhängigkeit vom Ort.

Im eindimensionalen Fall soll dies erläutert werden an einem linear und monoton in z-Richtung veränderlichen Magnetfeld mit einer Nullstelle im Zentrum der Falle. Je weiter ein Atom vom Zentrum entfernt ist, desto weniger ist die Übergangsfrequenz gegenüber dem rotverschobenen Laserlicht verstimmt, desto effektiver können Laserphotonen absorbiert werden, desto größer ist die resultierende Kraft auf das Atom. (Zwei Gründe: Frequenzerhöhung durch Doppler-Effekt und energetische Absenkung des Anregungsniveaus durch den Zeeman-Effekt im Magnetfeld). Um einen bestimmten solchen Übergang auszuwählen verwendet man bei dem Laserpaar entgegengesetzt zirkularpolarisierte Photonen. Es entsteht  näherungsweise eine auslenkungsproportionale Rückstellkraft auf das Atom (wie bei einem harmonischen Oszillator). Durch die Kombination der geschwindigkeitsabhängigen Bremskraft mit der ortsabhängigen Rückstellkraft werden die Atome gebremst und im Zentrum der Falle festgehalten.

Im dreidimensionalen Fall braucht man ebenfalls ortsabhängige Magnetfelder, die im Zentrum der Falle monoton durch 0 hindurchgehen. Dazu ist ein Anti-Helmholtzspulen-Paar geeignet, dessen Spulen gegensinnig vom Strom durchflossen werden. In einer solchen Anordnung haben die 3 Laserpaare also die doppelte Aufgabe, nämlich die Atome geschwindigkeitsabhängig zu bremsen und harmonische Kräfte zu erzeugen, die die gebremsten Atome im Zentrum der Falle festhalten. Mit der magneto-optischen Falle wird das eingefangene Gas komprimiert, auch um eine größere Dichte zu erreichen.