SG071 Die Natur ist nur mit Modellen zu verstehen ©
H. Hübel Würzburg 2013
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Die Aussage gilt vor allem für wissenschaftliche Modelle. Wissenschaftliche Theorien wie die Mechanik, die Elektrodynamik oder die Relativitätstheorie sind solche Modelle. Sie stellen allgemein anerkannte, von Menschen entworfene Bilder eines bestimmten Teilgebiets der Natur dar, aber sind nicht die Natur selbst. Es sind sogar einige Beispiele von unterschiedlich formulierten, aber gleich richtigen Bildern vom selben Teilgebiet der Natur (Theorien) bekannt. Ziel der Wissenschaft ist es, wissenschaftliche Modelle (also Bilder der Natur) zu entwickeln. Auch "unterwegs", auf dem Weg zu einer solchen Theorie, sind Arbeitsmodelle als Vehikel unverzichtbar.
Zeilinger, ein sehr bedeutender Quantenphysiker, formulierte es vor wenigen Jahren einmal so: "Science does not tell us how nature is, but what we can say about nature."
So geht es also in der heutigen Quantenphysik nicht darum, das Wesen der Quantenobjekte herauszufinden, sondern eine Theorie zu formulieren, die alles Beobachtbare vorhersagen kann. Das sind vor allem Wahrscheinlichkeiten für das zukünftige Eintreten von Messwerten. Gelegentlich wird auch heute noch diskutiert, ob etwa ein Elektron ein Teilchen oder eine Welle ist. Wir wissen mittlerweile, dass die Quantentheorie dazu nur eine Aussage machen kann, nämlich, dass es weder ein (klassisches) Teilchen noch eine Welle ist. Das Wesen des Elektrons oder eines Photons interessiert heute Physiker überhaupt nicht mehr.
Der Weg zu solchen Theorien ist oft langwierig und die Anerkennung als wissenschaftliches Modell durch die verschiedenen Physiker ist oft nicht leicht.
Auf dem Weg zu solchen Modellen gelingt - zunächst vorläufige - Erkenntnis häufig mit Hilfe von Arbeitsmodellen, die nach bestimmten Kriterien konstruiert werden. Auch hier kann man einen Gegenstand oder eine Erscheinung nicht an sich verstehen, sondern nur Teilaspekte, die durch das Modell abgebildet werden.
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Kriterien für eine gute Theorie (ein gutes wissenschaftliches Modell) sind:
1. Sie stellt ein umfassendes mathematisch formuliertes Bild eines bestimmten Teilbereichs der Physik dar.
2. Sie ist allgemein anerkannt.
3. Sie ist "einfach". Das heißt, sie ist einfacher als jeder anderer Versuch, für das entsprechende Teilgebiet eine Theorie zu formulieren.
(Der Formalismus der Allgemeinen Relativitätstheorie würde dir gar nicht einfach vorkommen. Dennoch ist die RT in der gegenwärtigen korrekten Formulierung einfacher als denkbare konkurrierende Formulierungen.)
4. Sie ist in sich widerspruchsfrei (in sich konsistent; Konsistenz als Argument).
5. Sie widerspricht in keinem Punkt Experimenten und
Beobachtungen an der Natur.
Während Wissenschaftler vor Galilei nur das Konsistenz-Argument zur Verfügung hatten, um eine Hypothese (umgangssprachlich auch oft "Theorie" genannt) zu prüfen, hat Galilei mit Hilfe einiger konkreter Experimente auch Punkt 5 als "Wahrheitskriterium" eines wissenschaftlichen Modells eingeführt.
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Kriterien für ein gutes Modell sind:
1. Es steht in Einklang mit bisherigen Kenntnissen. U.a. muss es die zugrunde liegenden Symmetrien berücksichtigen.
2. Es ist in sich konsistent konstruiert.
3. Es ist so einfach wie möglich konstruiert.
4. Es vernachlässigt nur Aspekte, von denen man annehmen darf, dass sie keinen oder wenig Einfluss haben auf das zu untersuchende Phänomen.
5. Es liefert tatsächlich nachprüfbare Folgerungen.
6. Diese halten experimentellen Überprüfungen stand.
( September 2013 )