SG115a Licht am
Doppelspalt - Welle oder Teilchen oder ... ? ©
H. Hübel Würzburg 2013
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Impres-sum |
Abb. 1: Interferenzfigur auf dem Schirm, erzeugt durch einen Laserpointer, der durch einen Doppelspalt strahlt. Die feinen Strukturen kommen vom Doppelspaltabstand d, die gröberen Strukturen - man erkennt im Foto nur noch links und rechts vom zentralen Maximum ein weiteres Maximum - kommen von Beugung und Interferenz an jedem der beiden Einzelspalte. Deren Abstände sind bestimmt durch die Spaltbreite b. |
Abb. 2: Das kannst du erkennen, wenn du vorsichtig abwechselnd den linken oder den rechten Spalt zuhältst. Es entstehen zwei geringfügig gegeneinander versetzte Beugungsbilder des Einfachspalts, etwa so wie im Foto links. Die Minima und Maxima liegen wegen b < d weiter auseinander als beim Doppelspalt. Aber beide Bilder hängen eng miteinander zusammen. Der Einfachspalt liefert sozusagen die Grobstruktur für die Interferenzfigur des Doppelspalts. |
Deutet der Versuch 2 etwa auf Teilchen hin, die durch den Einfachspalt treten? Auf keinen Fall! Beide Versuche lassen sich mit klassischen Wellen und Interferenz gut erklären. Aber merkwürdig ist es schon, dass bei beiden Versuchen nicht nur hinter den Spaltöffnungen Licht auftritt, sondern auch seitwärts, bis weit in den vermeintlichen Schattenbereich hinein. Grund ist die Interferenz. Offenbar gilt:
Interferenz tritt immer dann auf, wenn zwischen zwei oder mehr klassisch denkbaren Möglichkeiten nicht entschieden wird. |
Im Versuch 1 sind das die Möglichkeiten: Durchtritt durch den Spalt A und Durchtritt durch den Spalt B.
Im Versuch 2 sind das die vielen Möglichkeiten des Durchtritts an verschiedenen Stellen des Einzelspalts. Die Wellentheorie erklärt beides.
Interferenz bei Licht wird durch das Wellenmodell - zumindest weitgehend - richtig beschrieben. |
Versuch 3: Stell' dir jetzt vor, dass die Lichtintensität bei unveränderter Farbe des Lichts durch Filter immer weiter reduziert wird. Mit einem empfindlichen Messgerät würdest du dann immer wieder einzelne Lichtblitze an verschiedenen Stellen auf dem Schirm feststellen. Deutet das etwa doch auf Teilchen hin, die einzeln auf den Schirm auftreffen? Im Laufe der Zeit würdest du dann an manchen Stellen mehr, an anderen weniger "Auftreffer" registrieren. Es entsteht eine örtliche "Verteilung" der Lichtblitze.
Versuch 4: Der Versuch lässt sich auch mit klassischen Teilchen durchführen. Würde man klassische Teilchen (z.B. Schrotkugeln aus einem Jagdgewehr, oder Sand aus einem Sandstrahler) durch einen Doppelspalt oder einen Einzelspalt mit geeigneten Abmessungen schießen, dann würde jedes Teilchen jeweils durch genau einen Spalt treten. Die vielen Teilchen würden sich vor allem genau hinter der jeweiligen Spaltöffnung ansammeln, sowohl beim Einfachspalt wie beim Doppelspalt.
Und wie ist das bei Licht? Ist Licht ein Strom von Teilchen, von so genannten Photonen? Ist für Licht ein Teilchenmodell gerechtfertigt, wie manchmal behauptet wird?
Andere Experimente liefern starke Argumente für den Gebrauch des Teilchenmodells. |
Deswegen sprechen wir im Folgenden immer wieder von Photonen.
Versuch 5: Die Lichtblitze von Versuch 3 treten vor allem in der Nähe der Stellen der Maxima der Interferenzfigur auf, kaum welche in der Nähe der Minima. Beim Einfachspalt wäre das die breite Verteilung nach Abb. 2, beim Doppelspalt die breite Verteilung nach Abb. 1, die durch viele Minima und Maxima unterbrochen ist.
Da haben wir das Dilemma: Wir beobachten beim Licht einzelne "Auftreffer" (Lichtblitze) wie bei klassischen Teilchen, deren Verteilung aber einer Interferenzfigur entspricht, wie bei einer Welle. Licht verhält sich ganz anders als ein Strom klassischer Teilchen. Die "Auftreffer" sammeln sich nicht nur hinter den jeweiligen Spaltöffnungen. Durch sie verraten sich so genannte "Quantenteilchen".
Versuch 6: Es gibt sogar Versuche mit einzelnen Photonen oder Elektronen, Atomen oder anderen Quantenteilchen beim Durchgang durch die Spalte. Durch sie wird garantiert, dass jeweils genau ein ungeteiltes Quantenteilchen durch den Doppelspalt tritt. Dass zwei Photonen sich gegenseitig beeinflussen und sich so gegenseitig vornehmlich in die Maxima "stoßen", muss also ausgeschlossen werden. Wie es für Teilchen erwartet wird, kann jedes Quantenteilchen an genau einem Ort auf dem Schirm nachgewiesen werden. Aber bei vielen Wiederholungen des Versuchs sind die Nachweisorte anders verteilt als bei klassischen Teilchen: Die meisten findet man in der Nähe der Maxima der Interferenzfigur, kaum welche in der Nähe der Minima. Das ist sehr bemerkenswert: Obwohl jeweils ein einzelnes und unteilbares Photon durch den Doppelspalt tritt, obwohl es an einer einzigen Stelle auf dem Schirm nachgewiesen wird, verhält es sich wie eine Welle, die bei Interferenz durch beide Spalte gleichzeitig getreten ist.
Diese Art der Interferenz bemerken wir aber erst, wenn der Doppelspalt-Versuch sehr oft mit gleichartigen Photonen wiederholt wird. Erst allmählich baut sich die Interferenzfigur auf. Man spricht von "Einteilchen-Interferenz". |
Die Wellen müssen eine gewisse Rolle spielen. Kann man vielleicht sagen, dass sich solche Quantenteilchen beim Durchtritt durch die Spalte wie Wellen verhalten und beim Nachweis auf dem Schirm wie Teilchen? Das wäre aber extrem seltsam. Das wäre so ähnlich, wie wenn jemand sagen würde, ein Schüler verhalte sich im Biologie-Unterricht wie ein Junge und im Physik-Unterricht wie eine Katze, oder eine Schülerin im Biologie-Unterricht wie ein Eichhörnchen und im Physik-Unterricht wie ein Mädchen.
Aber es wird noch seltsamer.
Versuch 7: Verwende einen modifizierten Doppelspalt. Bei ihm sind die beiden Spalte mit unterschiedlich orientierten Polarisationsfolien bedeckt, z.B. horizontal und vertikal polarisierend. Stelle zwischen Schirm und Doppelspalt einen weiteren Polarisator AN ein. Damit kannst du bestimmen, welche Photonen zur Interferenzfigur beitragen. Stimmt die Polarisationsrichtung von AN mit der des Spalts A überein, scheint es so, als könne nur Licht durch A auch durch AN treten. Du siehst auf dem Schirm das Beugungsbild des Einfachspalts A. Stimmt die Polarisationsrichtung von AN mit der des Spalts B überein, scheint es so, als könne nur Licht durch B auch durch AN treten. Du siehst auf dem Schirm das Beugungsbild des Einfachspalts B. Das hättest du erwartet.
Wenn du jedoch nichts anderes machst als die Polarisationsrichtung von AN längs der Winkelhalbierenden einzustellen, also unter 450 geneigt gegenüber beiden Spaltpolarisatoren, siehst du auf einmal die Interferenzfigur des Doppelspalts wie in Abb. 1!
Mit dem Polarisator AN kannst du anscheinend nachträglich entscheiden, ob ein auf dem Schirm nachgewiesenes Photon wie ein Teilchen durch genau einen Spalt, oder wie eine Welle durch beide Spalte gleichzeitig gegangen ist!
Ist es wirklich so? Nein! Es ist nicht denkbar, dass das Photon je nach der Orientierung von AN wie ein Chamäleon ständig seine Eigenschaften ändert, schon gar nicht nachträglich, nachdem der Durchgang durch die Spalte längst erfolgt ist.
Die Vermutung, dass das Photon immer wieder seinen "Charakter" wechselt, und einmal wie ein klassisches Teilchen auftritt, dann wieder wie eine klassische Welle, ist kaum glaubhaft.
Die Quantentheorie kann mit Hilfe der Mathematik alle diese Beobachtungen perfekt erklären. Sie stützt sich dabei weder auf ein Teilchen- noch auf ein Wellenmodell. Man weiß mit ihr alles, was man nur wissen kann, über das Verhalten von Licht oder anderen Quantenteilchen am Doppelspalt. Aber leider gibt es zur Erklärung der erwähnten Versuche kein einfaches anschauliches Modell. Wir können aber sicher über Licht bzw. Photonen sagen: Wenn der Durchtrittsort be-stimmt ist, gibt es keine Interferenz. Wenn es zur Interferenz kommt, ist der Durchtrittsort un-bestimmt. Oder anders:
Welcher-Weg-Information bezieht sich dabei auf den Weg durch die Spalte bzw. den Durchtrittsort der Photonen oder anderen Quantenteilchen. Wenn der Durchtrittsort be-stimmt ist, wenn also be-stimmte Welcher-Weg-Information vorliegt, gibt es keine Interferenz. Im Falle der Interferenz ist der Durchtrittsort un-bestimmt, d.h. es gibt keinen be-stimmten Durchtrittsort. Das heißt aber nicht, dass der Durchtrittsort nur unbekannt ist, sondern es hat keinen Sinn, von einem bestimmten Durchtrittsort zu sprechen.
( November 2020 )