Würzburger Quantenphysik-Konzept

V32c  Das Haroche-Experiment mit Schrödinger-Katzen-Zuständen

Emission von Licht  objektiver Zufall

Lehrtext/Inhalt

Glossar  wissenschaftliche Experimente

Im- pres- sum

Erstmals von Haroche, Brune, Raimond und Mitarbeitern wurde ein Experiment durchgeführt, bei dem in einem Hohlraumresonator C ein Zustand des elektromagnetischen Feldes mit dem des Atoms verschränkt wurde. Der Zerfall dieses verschränkten Zustands, die Dekohärenz, konnte im Zeitverlauf  beobachtet werden.

Zugrunde liegt die Anordnung des Ramsey-Interferometers. Interferenz kommt dort zustande, weil zwischen zwei "Energiewegen" eines hoch angeregten Rydberg-Atoms (z.B. in den Zuständen n = 51 oder n = 50) nicht unterschieden wird.

Haroche (Nobelpreis zus. mit Wineland 2012) hat nun vorgeschlagen, zwischen den beiden Ramsey-Zonen RZ1 und RZ2  einen weiteren Hohlraumresonator C einzubauen, der nicht auf die Übergangsfrequenz zwischen beiden Rydberg-Zuständen abgestimmt ist. In C wird ein schwaches kohärentes elektromagnetisches Feld mit un-be-stimmter Photonenzahl N erzeugt (entsprechend einer mittleren Photonenzahl von 3  bis 10). Ganz anders als das elektromagnetische Feld mit einer beliebigen be-stimmten Photonenzahl hat es Züge eines klassischen Feldes: Die Mittelwerte für die Feldstärke verhalten sich wie bei klassischen elektromagnetischen Wellen. Andererseits, wegen der geringen mittleren Photonenzahl, sind Quanteneigenschaften klar beobachtbar.

Wegen der schon recht großen Dimensionen des durchlaufenden Rydberg-Atoms und seinem großen Dipolmoment wird die Frequenz des Hohlraums bereits durch ein einziges Atom um einige kHz verschoben; Größe der Verschiebung und Vorzeichen hängen vom Zustand des Atoms ab. Ein solches Atom wirkt nämlich quasi wie ein Dielektrikum.

In der Ramsey-Zone RZ1 wurde für das durchlaufende Atom ein Überlagerungszustand zwischen |g> und |e> hergestellt. Nach dem Durchlaufen durch C entsteht entsprechend ein Zustand im elektromagnetischen Feld mit zwei Komponenten unterschiedlicher Frequenz und Phase, ein verschränkter Zustand, der dem Schrödinger'schen Katzenzustand ähnelt. Dort soll die Katze auch eine Überlagerung zweier Zustände, nämlich tot oder lebendig, sein.

Abb. 1: Schematische Anordnung mit zwei Ramsey-Zonen RZ1 und RZ2, dem Hohlraumresonator C, in dem ein kohärentes elektromagnetisches Feld mit im
Mittel sehr wenigen Photonen erzeugt wird. Ein durch C hindurchtretendes Rydberg-Atom verstimmt den Resonator und erzeugt so eine Verschränkung zwischen Feld- und Atom-Zuständen.

Mit Hilfe eines weiteren Rydberg-Atoms, das nach einer gewissen Verzögerungszeit in C eintrat, wurde der Feldzustand in Abhängigkeit von der Zeit ausgelesen und durch Messung des Atom-Zustands durch den Detektor registriert. Der Zerfall der Kohärenz zwischen beiden Zuständen wurde beobachtet. Dekohärenz fand innerhalb von wenigen 10tausendstel Sekunden statt, und zwar umso schneller, je komplexer das elektromagnetische Feld war, je mehr Photonen im Mittel beteiligt waren. Tatsächlich kann man davon ausgehen, dass komplexere Schrödinger'schen Katzenzustände (wie etwa gar einer makroskopischen realen Katze) noch viel schneller ihre Kohärenz verlieren. Das erklärt, weshalb sich makroskopische Gegenstände klassisch verhalten, obwohl auch sie der Quantenphysik unterliegen.

Ähnliche Experimente wurden auch von Wineland und seiner Gruppe mit in einer Falle gebundenen Ionen durchgeführt.

E 1. Die Dekohärenz eines Schrödinger-Katzen-Zustands (sehr geringer Komplexität) kann im Experiment an kleinen Systemen untersucht werden.

2. Durch Ankopplung an die Umgebung (hier etwa durch geringfügige Defekte im Resonator) verliert ein kohärente überlagerter Zustand nach kurzer Zeit seine Kohärenz. Diese Zeit ist umso geringer, je komplexer das System ist.

Literatur: